„Die Notrechtsartikel der Bundesverfassung stammen aus einer Zeit als die Parlamentarier noch mit Ross und Wagen nach Bern anreisten. Sie wurden in den Revisionen der Bundesverfassung immer wieder festgeschrieben. Es geht heute darum, das dringende Signal zu setzen, dass das Parlament mehr Kompetenzen in ausserordentlichen Lagen braucht. Sollten wieder schwerste Probleme auf die Schweiz zukommen, dann muss der Bundesrat von der Bundesversammlung die ausserordentlichen Vollmachten zuerst verlangen“, sagte ich im Ständerat in der Sommersession 2022 zum Gebrauch von Notrecht des Bundesrates während Corona (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=56995#votum7) (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-videos?TranscriptId=300590).
Und fast ein Jahr später? Der Bundesrat hat am 19. März 2023 unter Anwendung von Notrecht weitestgehende Beschlüsse rund um die Credit Suisse Krise gefällt. Ohne Parlament, ohne Kantone und ohne Volk. In der Frühlingssession wurde zwar eine Vorlage verabschiedet zur „Verbesserungen der Funktionsweise des Parlamentes, insbesondere in Krisensituationen“. Aber sie ist noch nicht in Kraft und geht das grundsätzliche Problem des Notrechts wohl zu wenig an.
Für das Scheitern der Credit Suisse und deren Übernahme durch die UBS, bzw. der unter Notrecht gefällten Beschlüsse des Bundesrates wird die Schweiz mit finanziellen, volkswirtschaftlichen und allenfalls sogar rechtlichen Konsequenzen konfrontiert werden. Es braucht rasch Klärung, ob die Massnahmen von Bundesrat, SNB und FINMA dem Rechtsstaat Schweiz genügten.
Der Bundesverfassung und dem Rechtsstaat verpflichtet!
In dieser Frühlingssession hörte ich da und dort, der Bundesrat könnte ja mit Notrecht (indirekte) Waffenlieferungen an die Ukraine erlauben. Das zeigt wie gebräuchlich „Notrecht“ inzwischen zu sein scheint. Das geht nicht! Der Ständerat hat sich bei der Debatte zu einer Motion zur erleichterten Waffenausfuhr dafür ausgesprochen, dass Waffenlieferungen auf Grund des für die Schweiz geltenden Neutralitätsrechts an Kriegsparteien ausgeschlossen bleiben. Die Schweiz setzt sich aufgrund des für sie geltenden Neutralitätsrechts und des Völkerrechts ausdrücklich gegen Krieg und Konflikte ein. Sie fordert Frieden ein. Die schweizerische Neutralität liegt im Interesse der Staaten Europas und der Welt (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=59896#votum12).
Wichtige Vorlagen beschlossen
Die Anpassung des neuen Sexualstrafrechts des Ständerates mit einer erweiterten «Nein heisst Nein»-Lösung ist ein guter Kompromissvorschlag zum Nationalrat. Auch das vorbildliche Jugendstrafrecht soll eine Ergänzung erfahren, bzw. soll eine Gesetzteslücke geschlossen werden (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=60005#votum6).
Nach einem langjährigen Prozess wurde die Modernisierung der Zivilprozessordnung abgeschlossen. Mit der Senkung der Eintrittsschwelle in die Pensionskasse haben künftig deutlich mehr Menschen Zugang zur Zweiten Säule. Die Senkung des Koordinationsabzuges wird für Menschen mit tiefen Einkommen oder Teilzeitpensen zu deutlich höheren Renten führen. Ein wichtiger und überfälliger Schritt gerade für Frauen mit tieferen Einkommen oder Teilzeitpensen ist damit beschlossen.
Der Bundesrat ist auf Grund meines Postulates bereit, einen Bericht zur staatspolitisch wichtigen digitalen Souveränität zu erstellen (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=60159).
Gruppenfoto Ständerat. Foto: Parlamentsdienst Bern. Monika Flückiger.
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